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(Oktober 2002)

Peter Wegen

von Walter Studer

Am Anfang stand "The End"

Peter Wegen 1

Peter Wegen hatte alles: Stimme, gutes Aussehen, schauspielerisches Talent; nur eines hatte er nicht: einen Hit. Zwischen 1959 und 1966 nahm er rund ein Dutzend Platten auf. Darunter die Klassiker "Jeder Tag geht zu Ende" (The End) und "Arme kleine Sheila". Ausserdem sang Wegen Singles unter den Namen Boris Nowotny und Benno Peters ein".

"Wenn sich Paulchen nicht täuscht, dann werden wegen Peter Wegen bald die Kassen der Plattenläden klingeln." So schrieb der Plattenkritiker Paulchen Süss über die Single "Jeder Tag geht zu Ende" von Peter Wegen. Trotz dieser euphorischen Prognose blieb sowohl für den Titel wie für den Sänger der große Durchbruch aus.

Dabei hatte alles so erfolgversprechend begonnen. Peter Wegen, geboren am 7. Juli 1938 in München, wuchs in einer bürgerlichen Familie auf.

Wegen galt als sportlich, spielte Tennis, lief Ski und segelte gerne. Und er sang gerne, vor allem Jazz-Standards und Cole Porter-Nummern. Seinen ersten öffentlichen Auftritt absolvierte er bei einem Vereinsanlass im Tennisclub von Gräfelfing. Der Erfolg dieses Auftritts bestärkte ihn in der Absicht, Sänger zu werden, und dies ganz gegen die Meinung der Familie. Also studierte er offiziell Grafik in München, vor allem aber schulte er seine Stimme bei einem Gesangsprofessor. Wegen bewarb sich bei verschiedenen Plattenfirmen. Auf Vermittlung von Werner Scharfenberger durfte er beim großen Gerhard Mendelson in Wien vorsingen. Ein Vertrag mit der großen Polydor winkte. Aber Mendelson konnte Wegen nicht unter Vertrag nehmen, weil der Vater von Peter Kraus sein Veto einlegte. Dank Kontakten zu Ilse Werner konnte Peter Wegen deren Mann Josef Niessen von seinen stimmlichen Qualitäten überzeugen. Niessen empfahl Wegen dem Ariola-Produzenten Horst Fuchs. Wegen sagte in einem Interview mit dem Schweizer Sender "Radio Munot":

Peter Wegen 2

Niessen hörte sich mein Band zweimal an. Dann lief er aus dem Zimmer. Ich erinnere mich genau. Das Telefon war noch im Flur. Niessen rief Horst Fuchs an und sagte: "Wir haben hier einen jungen Mann. Ich glaube das wird was!" Die Ariola verpasste Wegen seinen Künstlernamen: Peter Wegen. Denn : "Wegen Peter bist du überhaupt zu uns gekommen", meinten die Verantwortlichen der Ariola.

Laut Wegen und laut den vorliegenden Pressetexten aus jener Zeit war "Jeder Tag geht zu Ende" Wegens erste Platte. Die Diskographie sagt etwas anderes: Gemäß Plattennummern kam als erstes die Single "Keinen Tag ohne Dich" heraus. Es folgten zwei weitere Scheiben, ehe dann die deutsche Aufnahme von "The End" folgte. Auf eindringliches Nachfragen bestätigte Wegen, dass sein erster eingesungener Titel "Jeder Tag geht zu Ende" gewesen sei.

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Im Oktober '59 notierte die Fachzeitschrift "Der Automatenmarkt" Peter Wegen mit zwei Singles in den Charts. Auf Platz 43 war "Frei sein - Frei sein" verzeichnet und auf Platz 44 .Jeder Tag geht zu Ende". Es blieben die einzigen Hitparadenplatzierungen für Peter Wegen.

Wegen und der Film

Laut Wegen erreichte keine der folgenden Platten den Standard von "Jeder Tag geht zu Ende". Auch deren kommerzieller Erfolg konnte nicht wiederholt werden.

Immerhin trat Peter Wegen in jener Zeit in drei Filmen auf. Er ist in "Heimat - Deine Lieder" (1959) mit "Jeder Tag geht zu Ende", im Heinz Erhardt- Klassiker "Der letzte Fußgänger (1960) und in "Wegen Verführung Minderjähriger" zu sehen. Im Internet wird Wegen auch als Mitwirkender bei der TV-Show "Strandgeflüster" aufgeführt.

Die Episode "Boris Novotny"

Peter Wegen hat zwei Aufnahmen unter anderem Namen gemacht. 1966 sang er für das Billiglabel "Baccarola" als Benno Peters eine Coverversion von "Merci Cherie" ein. Interessanter ist das Intermezzo als Boris Novotny.

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1961 bekniete der Produzent Mattu Weiland Peter Wegen, der damals bei Ariola unter Vertrag stand, ein Playback mit jugoslawischen Nummern zu besingen. Weiland musste der Ariola dringend zwei Nummern liefern. Ihm fehlte der geeignete Interpret. Also bat er Wegen, die Lieder mit slawischem Akzent aufzunehmen. Als Pseudonym wurde der Name Boris Novotny gewählt. Laut unbestätigten Gerüchten soll der damalige AriolaBoss, dem Produzenten Weiland aufgetragen haben, den Novotny für Ariola unter Vertrag zu nehmen...

Weg vom Softie-Image

Peter Wegen war in der ersten Phase seiner Karriere auf die "weiche" Masche festgestrickt worden. Als Softie vom Dienst versah er seinen Einsatz perfekt bei Nummern wie "The End". Nur begann ab 1960 der Twist die Welt zu erobern. Gefragt waren Rhythmus und Tanznummern. 1962 reagierten die Macher hinter Wegen auf den neuen Trend. Sie ließen ihn unter der Führung von Nils Nobach die deutsche Fassung von Tommy Roes Hit .Sheila" einsingen. Bei Peter Wegen hieß die Nummer "Arme kleine Sheila" und wurde sein zweiter Achtungserfolg. Das Lied fand vor allem beim Publikum von Radio Luxemburg großen Anklang.

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Zu der Entstehung der Nummer serviert Peter Wegen eine hübsche Geschichte aus dem Nähkästchen: .Die Aufnahmen fanden in einem neuen Studio in Köln statt. Weder Nobach noch ich kannten das Studio. Als ich die ersten Takte des Liedes gesungen hatte, übertönte ein lautes Sirren alle Klänge im Studio. Auch beim zweiten Versuch, kam plötzlich wieder dieses Brausen. Um es kurz zu machen: Wir fanden heraus, dass die Ursache Düsenjäger waren, die über das Tonstudio sausten. Das Tonstudio lag in der Anflugschneise eines Flughafens."

Auch die "Sheila" brachte Wegen nicht den gewünschten großen Hit. Noch vor Mitte der 60er Jahre verschwand Wegen mehr oder weniger von der Bildfläche. Wegen macht private Gründe für das allmähliche Abtreten von der Showbühne verantwortlich. Insbesondere soll seine Frau nicht damit fertig geworden sein, dass ihr Mann von Teenagern verehrt wurde. Nach der Scheidung im Jahre 1974 versuchte deshalb Peter Wegen ein Comeback im Schaugeschäft. Bei seinem ehemaligen Label erhielt er aber abschlägigen Bescheid: "Mit Altstars wollen wir nichts mehr machen, wir haben grade mit Jimmy Makulis eine Pleite erlebt", hieß es da. Peter Wegen orientierte sich neu. Er arbeitete als Kameramann und ist heute als Videoproduzent tätig. Die Singerei ist sein Traum geblieben. "Natürlich hab ich das Singen abgehakt", sagt der Realist Wegen, der sofort dem Idealisten Wegen Platz machen muss, "aber wenn mir jemand eine Chance gäbe, ich käme sofort zurück."