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(Juni 2002)

Harry Glück

Erfolgreich mit "Blue Moon" und "Hey Baby"

von Walter Hilbrecht

Als "DJ Ötzi" vor einiger Zeit den alten Bruce-Channel-Hit "Hey Baby" ausgrub und neu einspielte, zeigte sich ziemlich schnell, dass er den richtigen Riecher gehabt hatte, denn die Aufnahme entwickelte sich zu einem gigantischen Erfolg.

Dass das Ding bereits 1962 ein Renner war (Nr.1 USA, Nr.2 in GB) dürfte den Kids von heute gar nicht bekannt sein. Etwas ältere Musikfans werden sich aber bestimmt noch daran erinnern.

Harry Glück

Natürlich gab es auch seinerzeit schon eine deutsche Fassung. Gesungen wurde sie von Harry Glück, dem zuvor bereits mit "Blue Moon" ein ansehnlicher Charterfolg gelungen war

Werfen wir kurz einen Blick zurück auf die Musikszene der späten 50er Jahre. Während ganz vorn Peter Kraus und Ted Herold um die Dominanz in den Hitparaden wetteifern, halten die Produzenten und Plattenfirmen bereits Ausschau nach talentierten Nachwuchsleuten, um den immer wichtiger werdenden Markt des Teenagerpublikums mit neuen Idolen versorgen zu können.

Zu den jungen Interpreten, die dafür aufgebaut werden, zählt auch Harry Glück.

Harry Glück, der mit bürgerlichem Namen Hartmut Maager heißt, wird am 4.9.1941 in Marienburg (Westpreußen) geboren, wächst aber in Süddeutschland auf. Sein Vater ist Oberstudienrat, die Mutter Sekretärin.

Dass er schon in jungen Jahren musikalisches Talent besitzt und außerordentlich gut singen kann, zeigt sich spätestens, als er dem ‘Bund deutscher Pfadfinder' beitritt, denn er wird "Vorsänger" seiner Gruppe und begleitet sich dazu auf der Klampfe.

Als er dann später das englischsprachige Programm von Radio Luxemburg hört, beginnt er sich für moderne Sachen wie Rock'n'Roll zu interessieren. Bald hat die Klampfe ausgedient und wird durch eine Schlaggitarre ersetzt. Statt Volkslieder singt er nun die aktuellen Hits von Bill Haley und Elvis.

Als Ende der 50er Jahre der Bayerische Rundfunk junge Nachwuchstalente zu Probeaufnahmen einlädt, meldet er sich sogleich an. Seinen Eltern, die dafür wenig Verständnis aufgebracht hätten, verschweigt er es allerdings und fährt unter dem Vorwand nach München, dort seine Tante zu besuchen.

Nach dem Vorsingen ist er gespannt, ob seine Stimme Anklang gefunden hat. "Ich kann mich noch gut erinnern an die Aussage des Aufnahmeteams des BR, mein Gitarrenspiel sei hervorragend gewesen. Dabei hatte ich doch eigentlich einen Kommentar zu meinen gesanglichen Fähigkeiten erwartet."

Man werde sich melden, heißt es nur. Damit ist die Sache zunächst erledigt. Erst ein halbes Jahr später erhält er Post von der Polydor aus Wien. Gerhard Mendelson, der ihn in München gehört hatte, bestellt ihn zu einem Probesingen.

Harry Glück fährt also nach Wien und singt vor. Doch viel kommt nicht dabei heraus. Da ich damals in der Art von Peter Kraus sang, gab man mir den Rat, dass ich meinen Stil ändern solle."

Kurz darauf nimmt der junge Sänger an einem Nachwuchswettbewerb im Paulussaal in Freiburg teil und belegt den ersten Platz. Die Presse berichtet darüber und daraufhin lädt ihn die Polydor erneut ein, nach Wien zu kommen. Diesmal gibt es endlich den langersehnten Plattenvertrag. Der gilt zunächst zwar nur für ein halbes Jahr, doch das ist immerhin ein Anfang

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Seine Eltern sind nicht unbedingt begeistert, geben jedoch ihre Zustimmung unter der Voraussetzung, dass seine schulischen Leistungen nicht darunter leiden. Das zu kontrollieren, fällt nicht sonderlich schwer, denn der Herr Papa unterrichtet an dem Gymnasium, das sein Sohn besucht.

Ende 1960 bringt Harry Glück mit einer Coverversion des Bob-Luman-Hits "Let's Think About Living" seine erste Single auf den Markt. Die Rückseite "Nur sie" hieß im Original "Poor me". Damit konnte Adam Faith bereits Anfang des Jahres die Spitzenposition der britischen Charts erobern und schon im April hatte Ted Herold eine deutsche Fassung davon eingesungen, die man dann aber nicht veröffentlichte. Eben dieses Playback wird wieder hervorgeholt und von Harry Glück synchronisiert.

Da die Version mit Ted Herold später von ‘Bear Family' ausgegraben wurde, besteht heute die Möglichkeit, die beiden Aufnahmen miteinander zu vergleichen.

Ursprünglich war auch der Bob Luman-Song für Ted Herold vorgesehen, doch nach seinem Mega-Erfolg mit "Moonlight" im Sommer 1960 hält man andere Titel für geeigneter und überlässt die Nummer dem Newcomer Harry Glück.

Die Debütsingle wird zwar kein großer Hit, aber doch ein Achtungserfolg und auch die zweite läuft recht ordentlich. Die Polydor verlängert daraufhin den Vertrag um zwei Jahre. Und sie tut gut daran, denn bereits mit seiner 4. Single "Blue Moon" schafft Harry Glück 1961 den Sprung in die Bestsellerlisten.

"Blue Moon", ein Klassiker aus den 30er Jahren, war von der amerikanischen Gruppe "The Marcels" in einer ziemlich eigenwilligen Fassung neu herausgebracht worden und erreichte in den USA und in England Platz 1.

Nicht nur Gerhard Mendelson, auch andere Produzenten möchten von diesem Erfolg profitieren. So wird der Titel hierzulande u.a. auch von Ursel Jacob und vom Jochen Brauer-Sextett veröffentlicht. Doch neben dem Original kann sich nur Harry Glück mit seiner Fassung durchsetzen, was ihm eine gewisse Popularität einbringt. Wie hilfreich das für seine Karriere ist, sieht man daran, dass er anschließend für den Film "Schlager-Revue 1962" (gedreht 1961) engagiert wird. Hier singt er den Titel "Es ist wahr", bei dem es sich ausnahmsweise mal nicht um eine Coverversion handelt.

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Dieser Leinwandauftritt bietet dem Sänger endlich die Möglichkeit, sich einem breiteren Publikum zu präsentieren. Mit seinem jungenhaften Aussehen, seinem sympathischen Lächeln und der stolzen Größe von 1,80 m hinterlässt er auch optisch einen positiven Eindruck und kann etliche Fans dazugewinnen.

Im Dezember 1961 ist er bei der großen Tournee "Schlager-Cocktail" dabei, die bis Januar 1962 in vielen Städten in Deutschland und Österreich Station macht. Jimmy Makulis, Gerd Böttcher, Tommy Kent, Detlef Engel, Carlos Otero und weitere beliebte Schlagerstars sind mit von der Partie.

Chartplatzierungen erreicht Harry Glück mit seinen nächsten Platten allerdings nicht mehr, auch wenn er 1962 mit "Hey Baby" nochmals einen Erfolg verbuchen kann.

Rückblickend erzählt der Sänger, dass er auf die Auswahl der Titel absolut keinen Einfluss hatte. Der Elvis-Song "I Feel So Bad" war beispielsweise ein Lied, das ihm überhaupt nicht lag. Doch Produzent Mendelson ließ sich auf keine Diskussionen ein und kommandierte ihn - ungeachtet aller Einwände - hinter das Mikrofon.

In den Jahren 1960 bis 1963 nimmt Harry Glück insgesamt 9 Singles für die Polydor auf. Obwohl damit zufriedenstellende Umsatzzahlen erreicht werden, will sich für den Interpreten kein nachhaltiger Erfolg ein- stellen. Dabei bringt Harry Glück die besten Voraussetzungen mit.

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Dadurch, dass er mit Rock'n'Roll aufgewachsen ist, besitzt er das nötige Feeling für diese Art von Musik. Er orientiert sich gekonnt an internationalen Vorbildern und seine lockere Art zu singen ist für deutsche Verhältnisse schon recht bemerkenswert. Seltsamerweise ignoriert man sein Talent. Die Teenagerpresse nimmt ihn kaum zur Kenntnis. Auch das Fern- sehen vernachlässigt ihn sträflich. Nicht ein- mal die Plattenfirma legt sich richtig ins Zeug und bringt stattdessen die meisten seiner Singles ohne Bildhülle auf den Markt. Dass seine Karriere unter diesen Umständen nicht so recht in Schwung kommt, ist daher nicht weiter verwunderlich.

Die Polydor zeigt jedenfalls kein Interesse mehr an einer weiteren Zusammenarbeit. Doch es gibt auch Leute, die nach wie vor von seinem Können überzeugt sind. Dazu gehört der Musikverleger und Produzent Dr. Karl Heinz Busse, der schon an der "Schlager-Revue 1962" beteiligt war.

Mit seiner Hilfe nimmt Harry Glück unter dem Pseudonym TOMMY FRANK einen zweiten Anlauf. Die erste Single "Lady Wunderbar" erscheint bei Philips und Dr. Busse verschafft dem Sänger einen Auftritt in dem Schlagerfilm " ...denn die Musik und die Liebe in Tirol", wo er den Titel während einer Party auf einer Almhütte mit der Gitarre im Arm vorträgt.

Eine weitere Single wird bei Decca veröffentlicht, jedoch ohne nennenswerte Resonanz.

Nachdem Harry Glück in der Zwischenzeit sein Abitur gemacht hat und nun an der Pädagogischen Hochschule' in Freiburg studiert, betreibt er die Singerei nur noch nebenbei. Sein Berufsziel ist es, Lehrer zu werden und darauf konzentriert er sich in erster Linie.

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Dennoch lässt er sich von Karl Heinz Busse zu einem weiteren Abstecher ins Schlagergeschäft überreden. Als HARALD ANDERSON kehrt er 1965 zu seiner ersten Vertragsfirma Polydor zurück. Da der Produzent dann aber Abmachungen nicht einhält und den Interpreten auch in finanzieller Hinsicht übervorteilt, wird die Zusammenarbeit bereits nach der Veröffentlichung einer einzigen Single abrupt beendet und Harry Glück beschließt, das Kapitel 'Showkarriere endgültig ad acta zu legen.

Im Herbst 1965 tritt er seine erste Stelle als Lehrer an. Diesen Beruf übt er auch heute noch mit Freude und großem Engagement aus. Daneben hat er sich immer sehr für Malerei interessiert und war auch als Kunsterzieher tätig. Außerdem ist er ein sehr sportiver Mensch. Nachdem er sich in seiner Jugend überwiegend der Leichtathletik widmete, spielt er seit ca. 20 Jahren Tennis und hat zugleich viel Spaß am Radfahren. Es kommen im Jahr so etwa 10.000 km zusammen.

Seit 1965 ist er verheiratet und hat 2 Kinder, die schon lange im Beruf stehen.

Ende der 70er Jahre trat er in der Dortmunder Westfalenhalle anlässlich einer Oldie-Veranstaltung auf, bei der auch Ted Herold dabei war. Später wurden seine Polydor-Aufnahmen von "Bear Family" auf einer Langspielplatte wiederveröffentlicht. Vielleicht dient dieser Bericht als Anregung, endlich eine CD von Harry Glück herauszubringen, zumal auf dieser LP neben einigen B-Seiten auch jene Titel fehlen, die unter dem Pseudonym "Tommy Frank" erschienen.